Eine Abendmahlsfeier von 1829
Jakob Glatz war zweiter kaiserlich königlicher Konsistorialrat von Kaiser Franz in Österreich. Auf Anweisung überarbeitete er ein Buch mit Predigtvorschlägen und Gebeten und erweiterte es erheblich. Diese „Kirchenagende für die evangelischen Gemeinden des Österreichischen Kaiserstaates“ von 1829 enthält auch die nachfolgende, hier gekürzte Fassung einer Vorlage für eine Abendmahlsfeier. (Der volle Text kann unter diesem Link auf den Seiten 200-203 in altdeutscher Schrift nachgelesen werden.) Die Formulierung mag ernst erscheinen im Gegensatz zu manchem Abendmahlsablauf heute. Sie regt jedoch möglicherweise gerade dadurch zum Nachdenken über die eigene Einstellung zum Thema Abendmahl an.
Öffentliche Abendmahlshandlung
Bekenner Jesu Christi, die ihr in der wichtigen Absicht zugegen seid, das Gedächtnis des Todes Jesu durch den Genuss des heiligen Abendmahls feierlich zu begehen! Entreißet euch dem Leichtsinne und der Gedankenlosigkeit; stimmet euren Geist zu ernsthaftem Nachdenken; bedenket, was ihr tut, wofür ihr euch ausgebet, wozu ihr euch entschließet. Durch diese feierliche Religionshandlung, die ihr verrichtet, gebt ihr vor Gott und Menschen öffentlich zu erkennen, dass ihr Christen, Bekenner, Verehrer und Schüler Jesu Christi, des erhabensten Gottessohnes seid, den Gott zur Belehrung und Beglückung des ganzen Menschengeschlechtes auf diese Welt gesendet hat.
Ihr versichert durch die Abendmahlsfeier vor Gott und der Welt, dass ihr Jesum Christum für den größten Lehrer, Erretter und Wohltäter der Menschen, für euren Herrn und König haltet, und ihn durch Ehrfurcht, Liebe, Gehorsam und Vertrauen verehren wollt.
Da ihr bei dieser feierlichen Handlung das Gedächtnis des Todes Jesu erneuert, so bekennet ihr dadurch öffentlich, dass ihr diese Begebenheit für wichtig haltet, dass ihr die seligen Folgen derselben nach ihrem ganzen Werte kennet, schätzet und euch zueignet; dass ihr diesen Tod (der für eure Schuld geschah) als eine Quelle eurer Beruhigung, eures Trostes und der seligsten Hoffnungen betrachtet.
Durch den Genuss des heiligen Abenmahls bekennet ihr euch feierlich zu der Lehre, welche Jesus Christus auf Gottes Befehl den Menschen geoffenbart, durch göttliche Taten bekräftigt, durch seinen Tod bestätigt, und durch seine Auferstehung versiegelt hat. Ihr solltet durch diese Handlung die Gesinnung eures Geistes offenbaren, dass ihr euch des Evangeliums von Jesu Christo nicht schämet, sondern dasselbe für eine göttliche Kraft haltet, diejenigen selig zu machen, welche dasselbe gläubig annehmen und befolgen. Wenn ihr freiwillig, aus innerem Antriebe eures Herzens, von dem gesegneten Brote esset und von dem Kelche des Herrn trinket, so tretet ihr mit Jesu, eurem göttlichen Lehrer und Beglücker, in die genaueste, innigste Verbindung. Ihr errichtet mit ihm einen festen, unverbrüchlichen Bund der Treue. Ihr verpflichtet euch feierlich, dass ihr nach den Grundsätzen seiner Lehre eure Gedanken, Neigungen und Begierden ordnen und eure Handlungen in jeder Lage und unter allen Umständen eures Lebens gemäß derselben einrichten wollet. Ihr versichert und verpflichtet euch, dass ihr dieser Lehre im Glücke und Unglücke, in euren einsamen Stunden und in eurem gesellschaftlichem Leben, in der Gesellschaft der Tugendhaften und im Umgang mit Spöttern und Lasterhaften, bei den Reizungen zur Sünde, so wie bei dem Hasse und den Verfolgungen dieser Welt, im Leben, im Leiden und im Todeskampfe treu bleiben wollt, ohne euch von der gewissenhaften Erfüllung der Vorschriften Jesu auf irgendeine Art und um irgendeiner Ursache willen abhalten zu lassen. Ihr leistet bei dem Genuss des Abendmahls ihm, euren Herrn und Lehrer, das feierliche Versprechen, dass ihr irdische Schätze, Bequemlichkeit, Ehre, Menschenangst, Gesundheit und Leben mit Willigkeit und mit Freuden aufopfern wollet, wenn ihr bei dem Besitze dieser Güter nicht euren Christenpflichten und dem Bunde treu sein könntet, den ihr mit Jesu errichtet habt. Prüfet nun, geliebte Freunde, euer Herz und euren Wandel, ob ihr bisher Bekenner Jesu und seiner Lehre, nicht bloß dem Namen nach, sondern in der Tat und Wahrheit gewesen oder doch entschlossen seid, in Zukunft Bekenner dieser Art zu werden, und in diesem treuen Bekenntnisse, welches durch Taten bekräftigt werden muss, bis in den Tod zu beharren? Hütet euch vor Heuchelei und Scheinheiligkeit. Gebet euch nicht für Bekenner Jesu aus, ohne es wirklich zu sein; rühmet euch keiner Vorzüge, die ihr nicht besitzet; waget es nicht, eurem Herrn Versprechungen zu leisten, ohne den ernstlichen Willen zu haben, sie nach eurem besten Vermögen in Erfüllung zu bringen. Ihr würdet euch sonst schuldig machen an dem Leibe und Blute des Herrn. Die feierliche Abendmahlshandlung würde bei heuchlerischen Gesinnungen nicht allein unnütz und fruchtlos für euch werden, sondern auch eure Verantwortung und Strafbarkeit vermehren. Ihr habt es nicht mit Menschen, sondern mit dem untrüglichen Zeugen eurer Gedanken, Gesinnungen und Handlungen, mit einem allwissenden Richter zu tun, der, was im Finstern verborgen ist, an das Licht bringen und den Rat der Herzen offenbaren wird. Waget es nicht, Gott und seinen Sohn betrügen zu wollen und ihn bloß mit dem Munde zu bekennen, durch Taten aber zu verleugnen. Ist euer Herz nicht aufrichtig, verletzet ihr vielmehr diesen Bund wissentlich und vorsätzlich: ach! dann könnet ihr keinen Teil an den seligen Folgen des Todes Jesu, keinen Teil an seiner Herrlichkeit haben. Es werden nicht alle, die Jesum „Herr, Herr!“ nennen, ihm bloß äußerliche Ehrerbietung zeigen und sich bloß äußerlich zu seiner Lehre bekennen, in das Himmelreich kommen, sondern nur diejenigen, welche des Vaters Willen tun, der uns durch den Sohn geoffenbart wurde. Dieser Gedanke flöße euch heilige Ehrfurcht ein und ermuntere euch, euer Herz so zu bilden, dass es aufrichtig vor Gott erfunden werde. Läutert eure Gesinnungen und Neigungen von allem ungöttlichen Wesen und allen weltlichen Lüsten. Veredelt und bessert euer Herz, und heiliget euren Wandel, damit euch Jesus, euer Herr, als die Seinigen erkennen und einst vor seinem himmlischen Vater und aller Welt dafür erklären könne.
Du aber, göttlicher Erlöser! Flöße diesen deinen Erlösten, welche bei dem Gedächtnismahl deiner Liebe dich, deinen Tod und deine Lehre bekennen, und sich zum Gehorsam gegen dich und den, der dich gesandt hat, verpflichten, flöße ihnen allen deinen Geist und deine Gesinnungen ein! Unterstütze sie mit Kraft, dass sie ihrem Bekenntnisse im Leben, im Leiden und im Sterben treu bleiben mögen. Lass keinen von denen, die an deinem Abendmahle teilnehmen, verloren gehen. Unterstütze, leite und stärke sie, dass sie dem Verderben entrinnen und zur Seligkeit gelangen mögen. Mache durch deinen Geist ihren Glauben fruchtbar und geschickt zu allen guten Werken. Heilige sie durch und durch, bis an den Tag, an welchem du sie zu Mitgliedern deines seligen Reiches und in die Gemeinschaft der vollendeten Gerechten aufnehmen wirst. Lass unser Gebet Erhörung finden, wenn wir dich und den Gott, der dich gesandt hat, deinen und unseren Vater, mit kindlichem Geiste und mit Deinen Worten anrufen: Vater unser, der du bist im Himmel…

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